1.11.2023 | Heute ist Föhn und das Wetter entsprechend schön. Franz ist zur „Gräberralley“ in Oberau, ich mach mich auf den Weg zu einer Radtour rund um Schloss Nymphenburg. Allerheiligen entsprechend stehen einige Kirchen auf dem Programm. Die erste Station auf dem Weg ist St. Benno in der Maxvorstadt.

St. Benno

Sie die einzige Pfarrkirche im Erzbistum München und Freising, die das Patrozinium des Heiligen und Münchner Stadtpatrons Benno von Meißen trägt. Der Hl. Benno war von 1066-1106 Bischof von Meißen. Nach scharfer Kritik durch Martin Luther an Bennos Heiligsprechung 1523 wurde sein Grab in Meißen zerstört. Seine Reliquien gelangten 1576 von Sachsen nach Bayern. Diese Rettung der Gebeine Bennos und die gelungene Überführung nach München wurden als Sieg im Glaubenskampf gewertet und als persönlicher Triumph des Hauses Wittelsbach gefeiert. 1580 überführte sie Albrecht V. von Bayern in die Münchner Frauenkirche (Benno-Kapelle). Seitdem gilt er als Schutzpatron der Landeshauptstadt.
Die St.-Benno-Kirche zählt neben der Pfarrkirche St. Anna im Lehel zu den überzeugendsten neoromanischen Sakralbauten des 19. Jahrhunderts. Den Baugrund für die Kirche stiftete der Erzgießer Ferdinand von Miller zum Dank für den 1850 gelungenen Guss der Bavaria. Der Architekt Leonhard Romeis orientierte sich bei dem Bau der Kirche an der rheinischen Romanik, insbesondere den Kaiserdomen. Der Hochaltar wurde von Prinzregent Luitpold gestiftet. Im Jahr 1944 wurde die Kirche bei einem Bombenangriff zerstört, jedoch in den Jahren 1947 bis 1953 originalgetreu wiederaufgebaut, lediglich die Fresken gingen verloren.
Vor der Kirche steht die Aluminiumskulptur „Fisch mit Schlüssel“ von Iskender Yediler. Nach der Legende fand Bischof Benno den Schlüssel des Meißner Doms, den er auf der Flucht in die Elbe geworfen hatte, nach seiner Rückkehr im Bauch eines frisch gefangenen Fisches wieder.

Herz-Jesu-Kirche

Ich komme am alten Neuhausener Friedhof mit der Winthir-Kirche vorbei. Benannt wurde die Kirche nach dem mittelalterlichen Wanderprediger Winthir, der hier begraben liegt. Heute werden auf dem Friedhof nur Personen beerdigt, die sich um die Landeshauptstadt München verdient gemacht haben. U.a. sind hier Ferdinand und Oskar von Miller begraben, sowie Sigi Sommer.
Die nächste Station ist die im Jahr 2000 geweihte Herz-Jesu-Kirche. Dies ist bereits der dritte Kirchenbau an dieser Stelle, nachdem der vorherige Bau im Jahr 1994 abbrannte. Die komplette Vorderseite der Kirche kann wie ein riesiges Tor geöffnet werden, was jedoch nur an hohen Feiertagen geschieht. Ansonsten betritt man die Kirche durch zwei kleinere Schlupftüren im Hauptportal. Die Kirche verfügt somit über die größten Kirchentore der Welt. Hier ein Video dazu.
In einer codierten Zeichenschrift aus Nägeln steht auf den Türen: „Er trug sein Kreuz und ging hinaus zur sogenannten Schädelhöhe, die auf Hebräisch Golgota heißt / Dort kreuzigten sie ihn und mit ihm zwei andere, auf jeder Seite einen, in der Mitte Jesus.“ Eigens für Herz Jesu erfunden hat diese Geheimschrift der britische Künstler Alexander Beleschenko.
Auf die Innenseiten der Orgelempore hat Anna Leonie (s. St. Benno Kuppel) in Anspielung auf den Kreuzigungsort Jesu eine monochrome Malerei mit dem Farbpigment Caput Mortuum („Totenschädel“, ein violettstichiges Rot) aufgetragen.

Durch das Villenviertel von Neuhausen führt mich mein Weg zum Schloss Nymphenburg. Es ist immer wieder verwunderlich wieviele Münchner mit dem Auto zum Schloss fahren und meinen dort einfach einen Parkplatz zu bekommen. Entsprechen chaotisch geht es dort zu. Entlang der nördlichen Schlossmauer und durch den Hartmannshofer Park geht es weiter nach Norden zur Kirche St. Raphael in Moosach. Die Kirche ist eine der vier Kirchen in München, die der damals junge Architekt Hans Döllgast in den Jahren 1931 bis 1934 bauen konnte, und die von Kriegszerstörung und nachträglichen Umbauten größtenteils verschont geblieben ist. Döllgasts Kirchen in dieser Zeit folgen alle einem einheitlichen Schema, das sich am Typ der frühchristlichen Basilika orientiert.

In der Unterkirche finden manchmal Kunstausstellungen statt und um die Kirche herum befinden sich archaische Steinköpfe des Bildhauers Michael Glatzel.

Mondscheinsiedlung

Weiter im Norden komme ich durch die „Mondscheinsiedlung“, eigentlich Trinkl-Siedlung. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden etwa 20 sogenannte Mondschein-Siedlungen in München, vor allem im Norden und im Osten der Stadt. Weil die Siedler ihre Häuser am Feierabend, „bei Mondschein“, als Schwarzbau erbaut hatten, um der Baupolizei zu entgehen, wurden die Siedlungen auch Mondschein-Siedlung genannt. Wegen der großen Wohnungsnot nach dem Krieg wurden die Bauten jedoch von der Stadt geduldet. Die Trinkl-Siedlung entstand auf einer Schafswiese des Gast- und Landwirts Josef Trinkl. Dieser ermöglichte um 1951 über hundert Familien, meist Kriegsflüchtlingen und Heimatvertriebenen aus der Batschka in Jugoslawien, den Bau einer Wohnung. Ab 1953 bekam die Siedlung Strom und erst ab 1973 Trinkwasserversorgung. Ab 2002 wurde diese Splittersiedlung als eine der ersten im Raum München durch Aufstellung eines nachträglichen Bebauungsplans legalisiert. Im selben Jahr wurde die Straße als Reminiszenz an die Entstehungsgeschichte der Häuser in „Mondscheinweg“ benannt. Erst 2015 wurden die letzten Schwarzbauten legalisiert.

Auf dem Weg zur nächsten Kirche Maria Trost in Untermenzing, ein Betonbau von 1970, komme ich mitten im Wald an einem Torbogen vorbei. Eine Tafel klärt auf: Der um 1910 entstandene nördliche Torbogen in der Angerlohe war Teil einer früheren Einfriedung eines Waldgrundstückes der Baufirma Beer. Korbinian Beer (1870-1951), Untermenzinger Gemeinderat, soll dort eine Siedlung aus 18 Vier-Familien-Häusern geplant haben, die er wegen des Weltkriegs dann nicht realisieren konnte. Von seinem Pendant dem Südbogen sind nurmehr rudimentäre Bruchstücke vorhanden. 2017 wurde der Nordbogen in die Denkmalliste eingetragen und 2020 restauriert. Gleichwohl wirkt er im dicht-grünen Wald irgendwie verloren.

Entlang der Würm, vorbei an einem Wasserspielplatz, gelange ich im alten Dorfkern von Obermenzing zur Kirche St. Georg. Die Kirche ist ein ursprünglich romanisches Sakralgebäude, dessen Anfänge auf das 9. Jahrhundert zurückgehen. Urkundlich erwähnt wurde das Bauwerk erstmals 1315. Der barocke Turm wurde 1677/79 von dem Kurfürstlichen Hofmaurermeister Giovanni Viscardi ausgeführt. Leider ist die Kirche geschlossen. Direkt daneben befindet sich das Gasthaus Alter Wirt von 1417, die älteste Gaststätte in München. Neben dem Eingang zum Friedhof ein unauffälliges, kleines Detail: hier hängt ein „Schandring“, Teil eines Prangers an den Straftäter zur Schande und Bestrafung angekettet wurden.

Mein Weg führt mich weiter entlang der Würm zum Schloss Blutenburg und dann entlang des Nymphenburger Kanals und südlich am Schloss vorbei.

Entlang der Bahnstrecke wird es modern. In Höhe des S-Bahnhofs LAIM sticht farblich das markante Bürogebäude MY.O mit grünem Besenputz ins Auge. Die Fassadengestaltung ist eine Reminiszenz an die Tradition grüner Putzfassaden von historischen Verwaltungsbauten in München (z.B. Polizeipräsidium in der Innenstadt). Ansonsten ist die Bebauung in dem Areal eher schlicht und langweilig. Etwas weiter an der Friedenheimer Brücke stehen die Friends Tower. Auf der anderen Seite der Brücke komme ich zur ehemalige Paketposthalle. 1965 bis 1969 als freitragende Betonfertigteilhalle gebaut, war sie mit einer Spannweite von 146,8 Metern, einer Höhe von 27,3 Metern und einer Länge von 124 Metern die damals weltweit größte ihrer Art. Gemäß dem Architekturkritiker Gerhard Matzig galt die Paketposthalle bei ihrer Erbauung als „Sensation“, das „monumentale Betongerippe“ hat für ihn „etwas von einem im Sand lauernden Ungetüm der Saurierzeit“. „Die Schöne sprengt alle Maßstäbe, sie ist gigantisch, titanisch, ja wunderbar.“ schwärmt Matzig. 1996 wurde sie unter Denkmalschutz gestellt.

Im Innenhof der DB Mobility Logistics stehen die „Trauernden“ von Karl Kroher. Die bronzenen Frauenfiguren vom Bildhauer Karl Kroher, wurden als Ehrenmal für die Kuppelhalle (Alte Hopfenpost) des im 2. Weltkrieg zerstörten Königlich – Bayerischen Verkehrsministerium geschaffen. Die Frauen (Das Mädchen, Die Braut, Die Mutter, Die Witwe) stehen sinnbildlich für die Trauernden der im 1. Weltkrieg gefallenen bayerischen Postler und Eisenbahner. Unter der Donnersbergerbrücke (mit Graffiti) geht es durch zum Arnulfpark.

Arnulfpark

Früher wurde das rund 18 Hektar große Gebiet als Containerbahnhof genutzt. Seit Februar 2004 entsteht hier ein neues Stadtquartier. Am Rainer-Werner-Fassbinder-Platz befindet sich der Asphaltsee (2007) des Künstlers Wilhelm Koch. Das großflächige Bodenrelief ist Rainer Werner Fassbinder (1945-1982) gewidmet. „Der Asphalt steht als alltägliches, kraftvolles, organisches und ausuferndes Material für die vielseitige, ungebändigte Schaffenskraft des Schauspielers, Regisseurs und Filmemachers.“ (Infotafel) In den Asphalt sind die Titel aller 43 Filme, 11 Theaterstücke und Hörspiele Fassbinders geprägt.

Der Rückweg führt mich noch vorbei am Circus Krone. Vor dem Eingang neben der Krone Villa steht die Bronzefigur des Clowns Charlie Rivel. „Akrobat – schööön!“

Radtour rund um Schloss Nymphenburg

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